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ES IST DAS MEDIUM FOTOGRAFIE, DAS DEN MOMENTEN WICHTIGKEIT GIBT. GÄBE ES DIE FOTOGRAFIE NICHT, WIE WÜRDEN WIR DANN EINEN MOMENT DEFINIEREN ?

Die Erfindung des Moments in der Kunst

Die Autorin Susanna Partsch beschreibt in einem Artikel ihres Buches Sternstunden der Kunst, wie das Bild „Die Barke“ des Impressionisten Edouard Manet entstand. Manet malte im Jahre 1874 seinen Malerfreund Monet beim Malen auf einem kleinen Boot mit Kabine, nahe dem Ort Argenteuil auf der Seine. Der um Jahre ältere Manet malte den jüngeren Monet in einem Augenblick mittäglicher Ruhe bei der Arbeit, wobei er die Malkriterien des flüchtigen Impressionismus einhielt.
Damals war der Impressionismus noch keine berühmte Kunstrichtung, sondern wurde von der Kritik nach der ersten Gemeinschaftsausstellung aufs übelste beschimpft. Der neuen Art des Malens wurde vorgeworfen, das Edle und das Schöne zu missachten, nach dem viele Künstler bis dato zu streben pflegten. Ein zeitgenössischer Kritiker beschrieb diesen Stil in einem Zeitungsartikel so: „Ist die Impression eingefangen, scheint ihre Arbeit erledigt. Sie sind Impressionisten, indem sie nicht eine Landschaft wiedergeben, sondern nur den von ihr verursachten Eindruck. “
Das war damals eine Beleidigung, doch in den Folgejahren setzte sich der neue Malstil durch. Auch Manet, dessen Bild „Die Barke“ die Programmatik der Impressionisten wie in einem Lehrstück bündelt, malte erstmals an der frischen Luft anstatt im Studio. Die Maler um Monet wollten die Farben des Moments in der Natur einfangen, den Augenblick im wahrsten Sinne des Wortes. Und Manet malte mit derselben Technik des Augenblicks den Moment des Malens bei Monet. Ein wenig verwirrend, aber nun zurück zu den Unterscheidungen in der Fotografie, die sich als Kriterien durch das Medium Kamera ergeben haben.

Der geplante Moment

Auf der Suche nach originellen Motiven kommen einem unterwegs allerhand Gedanken. Am Strand von Cala Salada nahe dem Ort San Antonio auf der Sonneninsel Ibiza gefiel mir die Perspektive vom Felsen auf die Bucht, aber mir fehlte das menschliche Element, um das Bild abzurunden. So fragte ich verschiedene Badegäste, ob sie den Sprung vom Felsen für eine Aufnahme wagen würden. Wenn man feundlich fragt, spielen die Leute dann auch mit und riskieren waaghalsig Kopf und Kragen vor der Kamera. Bei diesem Sprung erwischte ich das Mádchen genau im richtigen Moment, um mir die Leere auf der rechten Bildhälfte ausfüllen zu können. Leider muss ich zugeben, dass ich anstatt zu knipsen auch lieber gebadet hätte.

Das Warten wird belohnt

Bei den traditionellen Stierläufen im spanischen Pamplona warten die Fotografen oft schon Stunden vorher an den für sie festgelegten Plätzen, in der Erwartung, spektakuläre Momente direkt vor die Linse zu bekommen. Da wird dann auch unter den Fotografen verbissen um den besten Platz gerungen, ähnlich wie bei den lebensmütigen Stierläufern auf der Strasse. Doch in diesem Fall lohnte sich das Warten, denn ich bekam diesen einen, wenn auch nur sehr kurzen Moment, um meine Aufnahme zu machen. Nur durch die Kamera war ich später in der Lage, den Moment als solchen nachzuvollziehen.

Ein Bild erahnen

Meiner Meinung nach sind es intuitive Momente, die einen ein Bild im Voraus erahnen lassen. So zum Beispiel in diesem Einkaufszentrum in Dubai, wo ich zuerst auf die attraktive Frau (Bild links) aufmerksam wurde und sie unauffällig ein Stück begleitete, bis sich der passende Hintergrund für ein Bild bot. Manchmal ist es aber auch der Hintergrund, der einen anspricht (Bild rechts) und man braucht nur eine Weile zu warten, bis die richtige Ergänzung dazu auf der Bildfläche erscheint, so wie hier die drei arabischen Männer.